Kapitel 1: Der Ursprung des koreanischen Volkes (700.000 – 2333 v.Chr.)
1.1. Das Paläolithikum
In Korea wurde 1933 in Donggwangjin entlang am Ufer des Flusses Tumen erstmals eine paläolithische Ausgrabungsstätte entdeckt. Seitdem zählt man bis heute über 70 archäologische Fundorte auf der gesamten koreanischen Halbinsel, die bis zu 700.000 Jahre zurückreichen. Hauptsächliche Funde waren aus Stein gefertigte Werkzeuge wie Äxte, Hackmesser und Schaben, die vermutlich für die Jagd und die Verarbeitung von Nahrungsmitteln verwendet wurden. Unter den Relikten befinden sich aber neben den Steinwerkzeugen auch aus Tierknochen gefertigte Waffen und Werkzeuge. Die Fundstätten befinden sich größtenteils an Ufergebieten großer Flüsse wie z.B. den Flüssen Daedong, Imjin und Han. Aufgrund der bislang entdeckten Überreste ist anzunehmen, dass die altsteinzeitlichen Menschen in Korea hauptsächlich in Höhlen oder Hütten lebten. Neben Sammeln von Obst, Beeren und Wurzeln zählten auch Fische und Tiere zu den Nahrungsmitteln der Bewohner. Außerdem wurden in der Provinz Chungcheongbuk-do 14.000 Jahre alte Spuren des Reisanbaus entdeckt, welche als die älteste solche Entdeckung gilt. Es ist schwer zu beurteilen, ob die Ureinwohner aus dem Paläolithikum die tatsächlichen Vorfahren der heutigen Koreaner darstellen.
1.2. Das Neolithikum
Die letzte Eiszeit endete etwa vor 10.000 Jahre und das Klima erreichte ungefähr den heutigen Stand. Mit der Veränderung des Ökosystems veränderte sich auch der Lebensstil der Menschen. Die neolithische Kultur geht etwa bis 6000 v.Chr. zurück. Die Menschen entwickelten polierte Steinwerkzeuge wie scharfe Messer, Speere oder Pfeil und Bogen, die in erster Linie für die Jagd gedacht waren. Eine wichtige technologische Innovation war außerdem die Produktion von Töpferwaren, dessen Form und Gestalt den historischen Entwicklungsprozess verraten. Anhand der Töpferwaren teilt man das Neolithikum in drei Perioden ein: Gefäße des ältesten Neolithikum sind charakterisiert durch einfache, grobe Muster und rundem Boden. Man schätzt, dass die Funde ca. 6000 bis 5000 v.Chr. entwickelt wurden. Die Töpferwaren des mittleren Neolithikums weisen geometrische Formen auf, die unter der Bezeichnung „Kamm-Muster-Töpferei“ bekannt sind. Die Funde werden auf das 4. Jahrtausend v.Chr. datiert. Etwa 2000 v.Chr. kam eine neue Töpferei-Kultur auf, die von chinesischen Techniken geprägt war. Diese Gefäße haben schräge, blitzartige Linien und werden daher „Blitzmuster-Töpferei“ genannt.
1.3. Die Kultur und Gesellschaft im Neolithikum
Die Kleidung der neolithischen Menschen bestand hauptsächlich aus Tierhäuten und Fellen. Mit der Zeit kamen aus Hanf gewebte Stoffe dazu. Die Hauptnahrung der Menschen dieses Zeitraumes wurde über Fischfang, der Jagd und dem Sammeln bezogen. Mit der Zeit begann man aber auch Landwirtschaft zu betreiben. Mit der Entwicklung der Landwirtschaft wurde das Leben in einer Gemeinschaft eingeführt. Man lebte überwiegend in Grubenhäusern nahe des Flusses bzw. Meeres. Grundlegend lebte man in Sippen, die aus mehreren blutsverwandten Familien bestanden. Eine größere gemeinschaftliche Organisation war dann die eines Stammes. Man grenzte die Gebiete ein, so dass man gegenseitig das andere Territorium nicht überschritt. Neben der gemeinsamen Beschaffung von Nahrungsmitteln gehörte auch das Abhalten von religiösen Zeremonien zu einer wichtigen Gruppenaktivität innerhalb einer Sippe. Die Menschen waren Animisten, d.h. sie glaubten, alle Dinge auf der Welt seien beseelt. Grundsätzlich versuchte man, böse Götter zu vertreiben und die Guten näher zu bringen. Diese Rolle übernahmen die Schamanen (kor. mudang), die wegen ihrer übernatürlichen Kräfte oft auch zum Stammeshäuptling gewählt wurden.
1.4. Die Bronzezeit
Die Bronzezeit in Korea dauerte vom 10. bis zum 4. Jahrhundert v.Chr. an. Repräsentative Funde dieser Zeit sind lautenförmige Bronzedolche und Bronzespiegel. Die Töpferei war rotbraun und schmucklos. Die Fundstätten wurden hauptsächlich an hügeligen Orten bei Flüssen ausgegraben. Die Nahrungsmittelbeschaffung basierte auf der Landwirtschaft und es wurde auch schon Reis angebaut. Selbstverständlich war jedoch auch Jagd und Sammeln ein weiterer Hauptbestandteil der Nahrung. Die nebeneinander gereihten quadratischen Unterkünfte lassen schließen, dass die Ansiedlungen immer größer wurden. In der Bronzezeit gab es bereits gesellschaftliche Schichten und kleine sogenannte Stammesstaaten, in denen bestimmte Machtheber über die restlichen Bewohner herrschten. Diese Stammesstaaten bildeten die ersten Formen staatlicher Struktur in Korea und repräsentieren somit einen ersten Prototyp koreanischer politischer Kultur.
1.5. Die Dolmengräber
Die Dolmengräber sind wichtige Relikte aus der koreanischen Bronzezeit und werden zwischen drei verschiedene Arten unterschieden: Der Tischsteinstil oder auch nördliche Stil, bei dem ein flacher runder Deckstein auf einen großen Stützstein gelegt wurde; der Flachsteinstil oder südliche Stil, bei dem auf einem kleinen Steinhaufen der flache Deckstein gelegt wurde; und der Decksteinstil, bei dem der große Deckstein ohne Stützstein auf das Grab gelegt wurde. Die tonnenschweren Dolmengräber waren Symbol des Reichtums und der Macht der bestatteten Person und waren daher ausschließlich der höheren Schicht vorbehalten.
1.6. Die koreanischen Vorfahren und der Dongi-Kulturkreis
Die koreanische Bronzekultur ist eng verbunden mit der Bronzekultur im nördlichen China. Relikte dieser Bronzekultur wie z.B. die Dolmengräber oder die Töpferwaren ohne Muster wurden außerdem auch in der südlichen Mandschurei und in nördlichen Gebieten Chinas entdeckt. Man schließt daher, dass diese Gebiete einen einheitlichen Kulturkreis, den sogenannten Dongi-Kulturkreis, darstellen. Die Vorfahren des heutigen koreanischen Volkes sind überwiegend bronzezeitliche Menschen. Diese waren jedoch mit den neolithischen Menschen sowie dem Dongi-Volk, das die neolithische, bronze- und eisenzeitliche Kultur im heutigen nordöstlichen China beherrschte und auf die koreanische Halbinsel übersiedelte und sich vermischte. Des Weiteren wurden Koreaner auch Dongho, Ye, Maek oder Han genannt. Dies waren ebenfalls Stämme, die zum Dongi-Volk zählten. Die Sprache der Koreaner gehört zum ural-altaischen Sprachstamm. Antropologisch zählen die Koreaner zu den nördlichen Mongoliden und daher sind sie von den Chinesen, die die chinesisch-tibetische Sprache verwenden, sowie von den Hunnen, Hsienpeo, Khitanen und Malgalen sprachlich und genetisch verschieden.
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