Die Militärherrschaft und die Spätzeit von Goryeo (1170 – 1392)

6.1.       Der Aufstand des Militärs

Die beiden Aufstände von Yi Jagyeom und Myochong wurden niedergeschlagen. Es gab aber immer noch tiefe Widersprüche in der aristokratischen Gesellschaft. Die Praxis der aristokratischen Gesellschaft, Zivilisten zu begünstigen und gleichzeitig die Soldaten zu diskriminieren, wurde immer offenkundiger. So fühlte sich das Militär seit längerem von den Aristokraten schlecht behandelt und äußerte schließlich seine Unzufriedenheit 1170 in einer von Jeong Jungbu als Anführer ausgelösten Revolte. Das Militär setzte König Uijong (r. 1146-1170) ab und schickte ihn ins Exil. Danach brachten sie den jüngeren Bruder von Uijong, König Myeongjong (r. 1170-1197) auf den Thron. Bei diesem Aufruhr wurden zahlreiche Zivilisten getötet, woraufhin das Militär die Macht übernehmen konnte. Das Militär besetzte im Staatsapparat alle wichtigen Positionen und schaffte die bisher von Zivilisten ausgeübte Kontrollfunktion ab. Die neue Militärherrschaft führte aber zum Ausbruch interner Machtkämpfe, die 20 Jahre lang dauern sollten. Als erste Maßnahme ihrer neuen Machtstellung besetzten Jeong Jungbu und seine Anhänger alle Posten für Beamte mit Angehörigen des Militärs. Die Staatsgeschäfte wurden nun von einem obersten Militärrat (Jungbang) geleitet, der auch das höchste Regierungsorgan war. Einige Jahre konzentrierte sich die Macht auf Jeong Jungbu, bis er von einem jungen General, Gyeong Daeseung, ermordet wurde. Es folgten mehrere ähnliche Machtkämpfe, da jeder nur die eigene Macht und seinen eigenen Wohlstand im Auge hatte. Sie nutzten ihre Stellung aus, um in den Besitz von mehr Land zu kommen und die wirtschaftlichen Ressourcen des Landes zu ihrem Vorteil zu machen. In den Jahren von 1170 bis 1196 gab es immer wieder andere Machtzentren, bis Choe Chungheon und sein Bruder die Macht an sich rissen.

 

6.2.       Die Militärregierung unter Choe Chungheon

Den beiden Brüdern gelang es, 60 Jahre lang, bis zum Jahr 1258, Frieden zu bewahren, da sie sich auf eine eigene, vergrößerte Privatarmee namens Dobang stützen konnten. Es gab auch eine private Elitekavallerie (Mabyeolcho) und drei Elitepatrouillen (Sambyeolcho). Die Sambyeolocho, die vom Staat finanziert wurden, übernahmen die öffentliche Verantwortung für die Polizei und den Personenschutz, mit der ursprünglich die Sechs militärischen Einheiten (Yukwi) betraut wurden. Darüber hinaus waren die Sambyeolcho aber in der Praxis wie eine Privatarmee der Choe-Familie. Die Mabyeolcho konnte Choe aufgrund seiner Einkünfte aus der von ihm in Besitz genommen Jinju-Region finanzieren. Während der Zeit der inneren Stabilität legte Choe Chungheon der Regierung von Goryeo ein klares politisches Konzept vor. In einem zehn Artikel umfassend Memorandum, das er dem König vorlegte, umriss er folgende politische Ziele. Alle überzähligen Bauern sollten entlassen werden; Land, welches sich die Oberschicht unrechtmäßig angeeignet hatte, sollte an die Bauern zurückgegeben werden. Zudem sollte eine gerechte Besteuerung eingeführt werden. Mit Blick auf die korrupten buddhistischen Klöster sollte der Bau von Klöstern untersagt und der ausschweifende Lebensstil der Aristokraten beschnitten werden. Es ist jedoch nicht ganz klar, ob es Choe gelang, alle diese Vorhaben durchzusetzen. Auf jeden Fall konnte er alle politischen Verbindungen zwischen dem Königshaus und den buddhistischen Führungskräften untergraben und die Bauernaufstände unter Kontrolle bekommen. Das Machtinstrument Choes war nun der oberste Militärrat (Gyojeong Dogam), in dem sowohl alle politischen Entscheidungen über die Personalien und staatliche Finanz getroffen als auch die Kontrollfunktion durchgeführt wurden. Der Kopf des Militärrates war Choe Chungheon und er konnte absolut Macht ausüben. Nach 1209 wurden auch für klerikale Angelegenheiten zivile Beamte eingesetzt. Zu der Zeit von Choe I (1219-1249), dem Sohn von Choe Chungheon, wurden die zivilen Beamten zu einem Bund zusammengeschlossen, der die Aufgabe hatte, persönliche Angelegenheiten zu regeln und die Verbindung zum Hof aufrechtzuerhalten. Die Militärmachthaber versuchten nie, den Thron für sich zu beanspruchen oder die Institution der Monarchie anzugreifen. Dennoch stand Choe Chungheon über den Königen. Er zwang zwei Könige zum Abdanken und setzte vier weitere Könige auf den Thron.

 

6.3. Die sozialen Unruhen während der Zeit der Militärregierung

Nachdem das Militär die Macht übernommen hatte, verschlechterte sich die Lage der Bevölkerung weiter. Mächtige Familien innerhalb des Militärs verfügten über eigene Privatarmeen, die sie unterhalten mussten. Folglich eigneten sie sich einfach Land an und sandten ihre Truppen aus, um Steuern einzutreiben. So lebten die Bauern in ständiger Angst und wurden von zwei Seiten, dem Staat und den privaten Steuereintreibern, ausgebeutet. Infolgedessen kam es zu Bauernaufständen. Von 1172 bis 1202 gab es immer wieder soziale Unruhen und Aufständen der Bauern, Sklaven und Soldaten. Seit Beginn des 12. Jahrhunderts gaben immer mehr Bauern ihr Land auf und gingen auf Wanderschaft. Diese auf Wanderschaft befindlichen Bauern schlossen sich oft zu Gruppen zusammen und stifteten auf dem Land Unruhe. Zehntausende beteiligten sich an den Aufständen und schließlich verschärfte sich die Lage derart, dass im ganzen Land Bauernaufstände ausbrachen. Dabei handelte es sich nicht um Befreiungsbewegungen im eigentlichen Sinne, da die Menschen lediglich gegen die ungerechte Behandlung protestieren wollten. Den späteren Aufständen lag dann doch eine bestimmte Ideologie zugrunde. Die untere Schicht in Goryeo hatte schon allein aufgrund ihrer Mobilität ein deutliches Bewusstsein für die soziale Situation im Lande, das sich unter der Militärherrschaft noch verstärkte, vor allem da viele Menschen des niederen Standes Cheonmin die Gelegenheit hatte sozial aufzusteigen. Bauern und Sklaven wollten nicht mehr dulden, dass die soziale Stellung eines Menschen von dem Zufall der Geburt abhängen sollte. Folglich schlossen sich rebellierende Gruppen zusammen und führten Befreiungskämpfe. Es kam zu einer Reihe von groß angelegten Aufständen, mit denen die Rebellen die Macht an sich reißen wollten, um eine andere soziale Ordnung einzuführen. Der berühmteste Aufstand war der des Sklaven Manjeok 1198 in Gaeseong. An diesem Aufstand beteiligten sich alle Sklaven in der Hauptstadt. Im Allgemeinen gaben sich dennoch die Diktatoren der Familie Choe den Rebellenführern gegenüber versöhnlich. Die Arbeitslager wurden abgeschafft, mehr Beamte wurden von der Hauptstadt aufs Land geschickt, wo es bisher nur sehr schwache Verwaltungen gegeben hatte. Um die Ordnung wiederherzustellen, wurde den Dörfern und Städte, in denen Rebellionen stattgefunden hatten, oft ein höherer Status in der Verwaltungshierarchie zugesprochen. Außerdem konnten sehr viele Menschen des niederen Standes sozial aufsteigen und höhere Stellungen einnehmen. Die Menschen des Cheonmin, die schon miterlebt hatten, dass man durch Aufstände sozial aufsteigen konnte, wurden zur führenden Widerstandsgruppe, als in den darauf folgenden Jahren die Mongolen in Goryeo eindrangen.

 

6.4. Der Kampf gegen die Mongolen (1231-1273)

Die Mongolen, ein kriegerischer, nomadischer Reiterstamm, der seinen Ursprung im Nordosten der Halbinsel hatte, wurden im 13. Jahrhundert auf dem asiatischen Kontinent zur Großmacht. Sie fühlten sich von dem Reichtum der Mächte im Süden (Jin-Jurchen, Sung-China und Goryeo) ungeheuer angezogen. Nachdem sie 1215 die Jin-Jurchen geschlagen hatten und dadurch in Kontakt mit dem Goryeo-Reich gekommen waren, hatten sie einen weiteren Grund an Goryeo interessiert zu sein. Die Halbinsel konnte ihnen als Basis für einen Angriff auf Sung-China und Japan dienen. 1219 wurden auch die Khitanen, die, von den Mongolen verfolgt, in die Region von Goryeo eingedrungen waren, schließlich mit den vereinten Kräften der Mongolen und der Goryeo-Soldaten geschlagen. Dieses Ereignis war der Beginn einer gespannten Beziehung zwischen den beiden Mächten. Die Mongolen betrachteten sich als Retter von Goryeo und verlangten deshalb einen jährlichen Tribut. Goryeo verweigerte diese Forderung des Öfteren. Als dann 1225 ein mongolischer Gesandter bei seiner Rückkehr aus Goryeo getötet wurde, ließ sich eine blutige Auseinandersetzung nicht mehr vermeiden. 1231 fielen in Goryeo unter der Herrschaft von König Gojong (r. 1213-1259) die Mongolen ein. Die Mongolen zogen sich 1232 zwar wieder zurück, ließen jedoch im Nordwesten von Korea Militärgouverneure zurück und verlangten als Geschenk einen Tribut. Militärdiktator Choe I wollte diesen Forderungen nicht nachkommen. 1232 verlegte er die Hauptstadt auf die Insel Ganghwado wo er sich sicher wähnte. Nun war er durch eine schmale Meerenge von seinen Feinden getrennt. Die Bevölkerung erlitt aber schwere Verluste während des Ansturms der Mongolen. Zudem herrschte bittere Not. Die Nahrungsmittel wurden knapp, da die Mongolen das Land verbrannten und die Bevölkerungszahl nahm ab. Im Gegensatz zum harten Leben der Bevölkerung setzte die herrschende Oberschicht ihr Luxusleben auf der Insel Ganghwado fort. In einer Zeitspanne von rund 30 Jahre (1231-1258) fielen die Mongolen insgesamt sechs Mal in Goryeo ein. Dennoch leistete Goryeo ihnen mithilfe der ganzen Bevölkerung Widerstand. Auch Bauern und Leibeigene kämpften gegen die Mongolen. 1258 gab es außerdem auf Ganghwado einen Putsch: Choe I, der letzte der Choe-Diktatoren, wurde ermordet und sein Militärregime fiel auseinander. Zwischen Goryeo und der Mongolei wurde darauf folgend ein Friedensvertrag, den die Aristokraten der zivilen Laufbahn stark wünschten, ausgehandelt. Der Königshof kehrte 1270 nach Gaeseong zurück. Die Militäreinheit Sambyeolcho leistete dennoch unter dem Kommando von Bae Jungson Widerstand und setzte ihren Kampf gegen die Mongolen fort. Das Militär verlegte ihren zentralen Hauptsitz auf die Insel Jindo im Südwesten. 1271 wurde sie von dort durch die gemeinsamen Streitkräfte Goryeos und der Mongolei vertrieben und floh auf die Insel Jejudo, wo sie 1273 endgültig geschlagen wurde. Auf diesen Inseln führte die Militäreinheit einen vierjährigen Widerstandskampf gegen die Mongolen.

6.5.       Die Beziehung Goryeos zu den Mongolen nach dem Krieg

Die Mongolen nannten ihr Land 1271 Yüan (kor. Weon). Nach dem Abschluss des Friedensvertrags zwischen Goryeo und den Mongolen im Jahr 1258 wurden die Goryeo-Könige gezwungen, Prinzessinnen aus der Yüan-Dynastie (1271-1368) zur Frau zu nehmen. So erreichten es die Mongolen, dass das Goryeo-Reich eng an die Yüan-Dynastie gebunden wurde, denn diese Frauen hatten bei Hof einen erheblichen Einfluss. Auch zwangen sie die Goryeo-Prinzen, sozusagen als Geiseln, bis zu ihrer Krönung in Peking zu bleiben. Es kam auch vor, dass Yüan einen König in Goryeo absetzte und einen anderen krönen ließ. Es war das erste Mal der Geschichte, dass ein koreanischer König seinen Thron einer auswärtigen Macht zu verdanken hatte. Die Goryeo-Könige mussten mongolische Namen sowie mongolische Kleidung und ihre Haare im Stil der Mongolen tragen. Sie bedienten sich sogar der mongolischen Sprache. Diese Umstände schwächten allerdings die Macht der Goryeo-Könige und verschlechterten die Lage der Bevölkerung; besonders die der Bauern, da sie gezwungen wurden, für die Einfälle der Mongolen in Japan (1274 und 1281) Kriegsschiffe zu bauen. Sie mussten auch genügend Nahrungsmittel für die Soldaten zur Verfügung stellen. Außerdem verlangten die Mongolen von ihnen hohe Abgaben in Form von Gold, Silber, Stoffen, Getreide, Ginseng, Jagdfalken, jungen Frauen und Eunuchen. Die Teilnahme an den beiden Eroberungszügen gegen Japan wurde Goryeo direkt aufgezwungen. Ein Invasionsheer von 40 000 Mann, darunter 15 000 Koreaner, stach 1274 von der koreanischen Küste aus in See. Die 900 Schiffe der riesigen Kriegsflotte hatten die Koreaner bauen müssen. Die mongolisch-koreanischen Truppen zerstörten zunächst die japanischen Stützpunkte auf Tsushima und Iki und landeten dann im Gebiet des heutigen Fukuoka, an der Nordküste von Kyushu. Ein Taifun kam den Verteidigern zu Hilfe und zerstörte einen Großteil der Invasionsflotte, woraufhin die Mongolen ihren Eroberungsversuch abbrachen. Die zweiten Japaninvasion 1281 wurde gleichzeitig von südchinesischen und koreanischen Häfen aus unternommen, wobei die Insel Jejudo als Vorposten diente. Die mongolisch-koreanische Flotte bestand aus 4 400 Schiffen, die ein Invasionsheer von 140 000 Mann gegen Japan trugen. Fast zwei Monate lang tobten die Kämpfe. Dann griffen die Naturgewalten ein: Zum zweiten Mal zerstörte ein Taifun die feindliche Flotte. Die Yüan-Dynastie gründete seit dem Abschluss des Friedensvertrags 1258 mit Goryeo drei Präfekturen sowie einen militärischen Stützpunkt (Jeongdong Haengseong) 1280 für die Vorbereitung des Angriffs gegen Japan. Später fungierte der militärische Stützpunkt nur als Verbindungsbüro zwischen der Yüan-Dynastie und Goryeo, nachdem Yüan die Absicht Japan anzugreifen aufgegeben hatte. Zwei von drei Präfekturen wurden aber durch den Anspruch Goryeos bald zurückgegeben. Die Präfektur im Nordosten (Ssangseong Chonggwanbu) wurde direkt unter mongolische Oberhoheit gestellt, bis König Gongmin (r. 1351-1374) es militärisch zurückeroberte. Durch den großen Einfluss der Mongolen veränderte sich auch die Gesellschaftsstruktur. Einige Familien, die von Mongolen zu Diensten waren, beispielsweise als Dolmetscher und Begleiter oder Züchter von Jagdfalken, erlangten Bedeutung, vor allem nachdem es ihnen gelungen war, bestimmte Privilegien zu erhalten, wie die Befreiung von Steuer und Zwangsarbeit. Oder sie stiegen durch Heirat zu mächtigen Personen im Königshaus von Yüan auf. Auch konnten sie zunehmend Land erwerben, was den Landbesitz der Regierung erheblich schmälerte. Das wiederum führte zu einem Rückgang der Staatseinkünfte, wodurch der Staat nicht mehr in der Lage war, neu eingestellte Beamte zu bezahlen. Das in Händen von privaten Eigentümern liegende Land wurde von Pächtern und Sklaven bewirtschaftet. Immer mehr Bauern entschlossen sich dazu Sklaven zu werden, da sie dann wenigstens unter dem Schutz der Landbesitzer standen. Dadurch, dass immer mehr Menschen Sklaven wurden, gab es immer weniger Freie, die man zur Zwangsarbeit hätte heranziehen können. Daher war die Regierung gezwungen, auch die Sklaven ihrer eigenen Beamten zur Zwangsarbeit zu verpflichten. Schließlich kam es so weit, dass der Staat nicht mehr imstande war, für die höheren Beamten zu sorgen.

 

6.6. Das Auftreten der neuen Gelehrten-Beamten

Seit die Militärherrschaft zerfallen war, trat in der Spätzeit Goryeos eine neue gesellschaftliche Schicht von neokonfuzianischen Gelehrten-Beamten auf. Vertreter dieser Klasse, die ursprüngliche zur Oberschicht angehörte, waren nicht davon abhängig Privilegien aufgrund von Blutsverwandtschaft zu erhalten, sondern bekleideten deswegen Regierungsämter, weil sie Staatsexamen absolviert hatten. Die neokonfuzianischen Gelehrten wurden also aufgrund eigener Leistungen zu Beamten. Die Gemeindefunktionäre wie Hyangni (Lokalbeamte oder Verbindungsmänner) waren auch in die neue Klasse integriert. Sie waren private Landbesitzer oder freie Bauern. Sie entwickelten ständig neuen Techniken der Landwirtschaft. Dadurch nahm die Produktivität der Landwirtschaft deutlich zu. Sie waren in der Landwirtschaft aktiv engagiert und führten ein wohlhabendes Leben. Die Aristokraten dagegen sammelten nur die Steuern von den Pächtern ein. Deshalb verachtete die neue Gelehrtengruppe die Aristokratie, die ohne eigene Mühe große Ländereien besaß und ihren Reichtum genoss. Diese neue Gruppe war entweder auf dem Land etabliert oder zu Regierungsposten durch Staatsexamen berufen. Wenn sie von ihren Ämtern zurückrat, kam sie in die Heimat zurück, um sich mit ihrer ehemaligen Arbeit zu beschäftigen. Das Auftreten dieser neuen Schicht verwandelte die Gesellschaft und die Politik. Solange die Aristokraten immer noch ein enges politisches Verhältnis und große Sympathie mit Yüan hatten, woraus viele Missstände entstanden, konnte die Regierungsreform nicht gelingen. Die beiden Könige Chungseon (r. 1308-1313) und Chungmok (r. 1344-1348) versuchten zusammen mit den neuen Gelehrten-Beamten einen Reformplan zu erstellen, doch die Versuche misslangen zunächst.

 

6.7.       Die Reformen unter König Gongmin

Als König Gongmin (r. 1351-1374) den Thron bestieg, änderte sich die politische Lage in China. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts wurde die Yüan-Dynastie von der aufstrebenden chinesischen Ming-Dynastie (1368-1644), die von Zhu Yuanzhang gegründet wurde, immer weiter nach Norden gedrängt. Dadurch konnte Yüan nicht mehr so großen Druck auf Goryeo ausüben. König Gongmin nutzte diese Gelegenheit, um Reformen durchzuführen. Seine Reformpolitik hatte zwei Ziele: Zum einen verfolgte Goryeo eine Politik gegen Yüan, zum anderen sollte die politische Macht der Aristokraten, die immer noch große Macht in der Regierung ausübten, geschwächt werden. Aufgrund dieser Politik unternahm König Gongmin zunächst entscheidende Schritte gegen die Yüan-Dynastie: Er schaffte das Verbindungsbüro (Jeongdong Haengseong) ab und nahm den Vertretern von Yüan so jede Möglichkeit, sich in die inneren Angelegenheiten Goryeos einzumischen. 1356 gewann Goryeo die chinesische Kolonie (Ssangseong Chonggwanbu), die sich in Yeongheung befand wieder zurück. Die Politik von König Gongmin traf dennoch auf innere und äußere Widerstände. Der innere Widerstand betraf 1363 den Versuch der Ermordung des Königs durch eine mit Yüan sympathisierende Gruppe. Der äußere Widerstand lag in der Ankündigung Yüans, König Gongmin zum Abdanken zu zwingen. Doch König Gongmin beharrte auf seiner Politik und überwand diese Widerstände. Gongmin stellte sich schließlich auf die Seite der Ming-Dynastie. Als erste interne Reform schaffte er den Militärrat (Jeongbang) ab, da dieser die unbeschränkte Herrschaft des Hofes beeinträchtigte. Auch entließ er alle mit Yüan sympathisierenden Beamten und verbot sämtliche Gebräuche und Sitten aus Yüan. Als dem König klar wurde, dass wirklich drastische Veränderungen für eine völlig neue Organisierung des Regierungsapparates nötig wären, beauftragte er den Mönch Sin Don, von dem er sicher war, dass er keine politischen Ambitionen hatte. Sin Don startete zunächst eine Kampagne gegen die Korruption, dann entließ er alle, die aus höheren Rängen stammten und besetzte die Posten mit Personen, die ohne besondere Beziehungen waren. Er gab das Land, das sich die mächtigen Familien einfach angeeignet hatten, an die ursprünglichen Besitzer zurück und ließ auch so manchen Sklaven frei. Diese Maßnahmen erzeugten bei den Betroffenen Hass, der dazu führte, dass auf Initiative der mächtigen Familien zuerst Sin Don und dann 1374 König Gongmin ermordet wurden. In den darauf folgenden 20 Jahren befand sich Goryeo in einem politischen Chaos. Die überlebenden Aristokraten übten ihre Macht weiter aus. Durch diese chaotische Lage hatten die neuen Gelehrten-Beamten, die ursprünglich neokonfuzianische Gelehrte waren, eine aktivere und direktere Gelegenheit sich in die reale Politik einzumischen.

 

6.8. Die Außenbeziehungen Goryeos

Am Ende des 13. Jahrhunderts wurden die Beziehungen zwischen Goryeo und Yüan enger. Beide Länder begannen einen aktiven Kulturaustausch, der weit bis in das 14. Jahrhundert hinein dauerte. Zwischen Goryeo und Yüan gab es 80 Jahre lang einen regen Besuchsverkehr. Dieser führte auch zum gegenseitigen Austausch von Sitten und Gebräuchen. Goryeos Oberschicht begann mongolisch zu sprechen. Sitten und Gebräuche aus der Mongolei wurden in Goryeo als mongolisches Kulturgut eingeführt, doch auch umgekehrt. Außerdem wurden Eheschließungen zwischen den Angehörigen der Königshäuser beider Reiche vollzogen. Goryeos König Chungseon ließ nach seinem Abdanken in Peking die „Halle der 10 000 Bücher“ (Mangweon Dang) bauen. Sinn dieser Einrichtung war es, den Austausch zwischen Gelehrten beider Länder zu fördern. Später besuchten viele Gelehrte aus Goryeo das Mongolenreich Yüan, um die dortigen Sitten und Gebräuche zu lernen und den Mongolen die Gebräuche Goryeos zu erläutern. Yüan war damals ein Zentrum, in das Kulturgut aus verschiedenen Ländern eingeführt wurde. Das versetzte Goryeo in die Lage über Yüan die Kultur der Sarazenen zu importieren. Dies waren hauptsächlich wissenschaftliche Technologien, astronomische und mathematische Erkenntnisse sowie medizinisches Wissen. Auf dieser Grundlage betrieb Goryeo in einzelnen Bereichen seine eigenen Forschungen. Aus Yüan kam auch der Neokonfuzianismus (Seongnihak) nach Goryeo. Gelehrte, die sich mit dem Neokonfuzianismus befassten, setzten in der Spätzeit Goryeos verschiedene Reformen in Gesellschaft und Kultur durch. Die Technik, Schießpulver herzustellen oder Baumwolle anzupflanzen, kam ebenfalls aus Yüan. Die diplomatischen Beziehungen zu Japan waren zwischen dem 9. und 12. Jahrhundert unterbrochen, da das japanische Rechtssystem zerfiel. Es folgte ein Machtzuwachs örtlicher Armeeoffiziere und die Daimyo-Feudalherren dehnten ihren Machteinfluss nach Westen aus. Diese Entwicklung förderte die Handelsbeziehungen zwischen Westjapan und Goryeo. Japanische Gesandte und Kaufleute brachten Quecksilber und Schwefel nach Goryeo, während Goryeo Sutren, Bücher, Ginseng und Getreide schickte. Besonders beliebt waren Sutren und Teegeschirr aus Keramik. In der Spätzeit Goryeos verschlechterten sich die Beziehungen zu Japan wieder. Fatal endete auch eine gemeinsame Militärexpedition Goryeos und Yüans nach Japan. Auch Piraten aus Japan fügten durch ihr häufiges Eindringen in Goryeo der Bevölkerung große Verluste zu.

 

6.9.       Die Kultur Goryeis (1): Konfuzianismus und Neokonfuzianismus

In Goryeo waren die Kulturführer Personen unterschiedlicher Abstammung, ihre Kultur war reicher und umfassender als zur Zeit Sillas. Bis zur Mitte der Goryeo-Zeit standen konfuzianische und buddhistische Kultur in einem harmonischen Verhältnis zueinander und entwickelten sich weiter. Über Yüan drangen auch die wissenschaftlichen Technologien der islamischen Welt bis nach Goryeo vor, wodurch das kulturelle Spektrum noch größer wurde.
Auch der Konfuzianismus war in Goryeo als Ordnungsprinzip der Gesellschaft von Anfang an etabliert. Durch das auf die Zeit des vierten Königs Gwangjong (r. 949-975) zurückreichende System der Staatsprüfungen für den zivilen Regierungsdienst wurden Beamte entsprechend ihren Qualifikationen und ihrem Wissen über den Konfuzianismus und die chinesische Literatur in unterschiedlich hohen Positionen eingesetzt. Damit trug der hohe Beamtenstand zur Förderung dieser geistigen Disziplinen bei. Außerdem legten das Studium des Konfuzianismus und die Einrichtung der zentralen, nationalen Akademie Gukjagam und der verschiedenen lokalen, privaten Lehranstalten die Grundlage für die Entwicklung des Konfuzianismus. Ein gutes Beispiel für konfuzianische Gelehrte in der Frühzeit Goryeos war Choe Chung, der „Konfuzius des Osten“ hieß. Choe Chung richtete neun private konfuzianische Schulen ein und bildete in ihnen viele Studenten aus. Als das Niveau der staatlichen Gukjagam-Institution sank, gab es insgesamt zwölf private Schulen einschließlich der neun von Choe geführten Schulen. König Yejong (r. 1105-1122) reformierte daher die nationale Akademie Gukjagam und führte sieben Spezialfächer ein, für die hervorragende Gelehrte zuständig waren. Er gründete außerdem die Stiftung Yanghyeongo und zwei Forschungsinstitute (Cheongyeongak und Bomungak) bei Hof, um das staatliche Schulsystem zu verbessern. In der späteren Goryeo-Zeit wurde die Philosophie Seongnihak als neue geistige Disziplin und als Mittel zur Beeinflussung der Gesellschaft eingeführt. Diese Philosophie war eine neue Form des Konfuzianismus, die von dem chinesischen Philosophen Chu Hsi (kor. Juja) verbreitet und als Neokonfuzianismus bezeichnet wurde. Der Neokonfuzianismus versuchte den Ursprung des Menschen und des Universums metaphysisch zu erklären. Er suchte eine Antwort auf fundamentale Fragen des Universums aber auch die grundlegenden Probleme der Menschheit. In Goryeo wurde diese Philosophie über Yüan von An Hyang in der Herrscherzeit König Chungyeols (r. 1274-1308) eingeführt. Auch Yi Jehyeon studierte die Lehre des Neokonfuzianismus unter der Anweisung chinesischer Gelehrten in Peking, Yüans Hauptstadt. Als die Herrschaft der Aristokraten zusammenbrach und auch das Militär an Macht verloren hatte, konnte diese neue Klasse von Gelehrten und Beamten (Sinheung Sadaebu), die vom Neokonfuzianismus tief beeinflusst waren, eine immer größere Rolle in der Regierung spielen. Es gab in der Spätzeit Goryeos namhafte neokonfuzianische Gelehrte wie Yi Saek, Jeong Mongju, Gil Jae, Jeong Dojeon und andere. Die Gruppe dieser neuen Gelehrten nahm gegenüber den Widersprüchen des Buddhismus eine betont kritische Haltung ein, ebenfalls einer Konfrontation mit mächtigen Aristokraten nicht aus, da diese in Positionen Amtsmissbrauch trieben. Später half die neue Klasse der neokonfuzianistischen Gelehrten und Beamten bei der Gründung des Joseon-Reiches. Der Neokonfuzianismus übt außerdem bis heute einen großen Einfluss auf die koreanische Gesellschaft aus. Er ist aber keineswegs von Anfang an von der breiten Bevölkerung mit großer Begeisterung aufgenommen worden. Es bleibt unklar, welchen Stellenwert der Neokonfuzianismus zur Zeit des Goryeo-Reiches und zu Beginn des Joseon-Reiches hatte. Als für Staat und Gesellschaft maßgebliche orthodoxe Lehre wurde er erst im 16. Jahrhundert, 150 Jahre nach dem Fall Goryeos, anerkannt.  Der Neokonfuzianismus hatte im Joseon-Reich seine Blüte. Politisch und ethisch unterscheidet der Neokonfuzianismus in Joseon „Fünf grundsätzliche Beziehungen zwischen den Menschen“ (Oryun): Die Beziehung zwischen dem Monarchen und seinen Untertanen, die geprägt ist von Loyalität der Untertanen, die Beziehung zwischen Vater und Sohn, in der der Sohn dem Vater kindliche Pietät entgegenbringt, die Beziehung zwischen Mann und Frau, in der die Frau dem Mann zu gehorchen hat, die Beziehung zwischen dem älteren und dem jüngeren Bruder, in der der jüngere Bruder dem älteren mit Respekt zu begegnen hat, und die Freundschaft zwischen den Menschen, die auf Ehrlichkeit beruhen sollte. Außer in den freundschaftlichen Beziehungen gibt es in allen anderen Beziehungen der Menschen zueinander immer einen, der dem anderen untergeordnet ist. So stellte der Neokonfuzianismus einen strengen Kodex sowohl für die Regierung als auch für das gesellschaftliche Miteinander auf.

 

6.10.     Die Kultur Goryeos (2): Buddhismus

In der Frühzeit Goryeos betrachteten die Anhänger des Konfuzianismus den Buddhismus als eine Lehre, die einem dazu verhelfen konnte, geistige Ruhe und überirdisches Heil zu finden. Beide Lehren, der Konfuzianismus und der Buddhismus, konnten gut nebeneinander bestehen. Doch in der Spätzeit Goryeos kam es zur Konfrontation des Buddhismus mit der neuen Klasse der neokonfuzianischen Gelehrten. In Goryeo glaubte man, dass der Buddhismus Einfluss auf den Erfolg des Staates oder das Glück des Einzelnen nehmen konnte. So suchte der Staat sich mithilfe des Buddhismus abzusichern. Der einzelne Mensch glaubte, dass der Buddhismus dazu beitragen würde, die eigenen Wünsche zu erfüllen. Unter der Obhut des Staates und mit Unterstützung der Aristokratie erlebte der Buddhismus in der Frühzeit und Mitte des Goryeo-Reiches seine Hochblüte. Im ganzen Land wurden zahlreiche Klöster gebaut. Berühmte Mönche trugen Ehrentitel „Wangsa“ (Königlicher Priester) und „Guksa“ (Staatspriester). Der wohl bekannteste Priester der Goryeo-Frühzeit war Uicheon, der vierte Sohn des elften Königs Munjong (r. 1046-1083). Er kehrte 1087 aus China zurück, wo er buddhistische Lehren studierte. Er konnte in Goryeo die buddhistischen Lehrsätze so verändern, dass sie für die miteinander in Wettstreit stehenden Gyojong- und Seonjong-Schulen, die sich mit der Interpretation buddhistischer Texte beschäftigten, annehmbar waren. Dafür gründete er Cheontaejong (die Cheontae-Lehre), um so die Konfrontation zwischen der Gyojong und der Seonjong zu beenden. Cheontaejong brachte das philosophische Studium der Schriften in Einklang mit der Praxis der Meditation als einen Weg zur schnellen Erleuchtung. Doch die neun Seon-Schulen wandten sich gegen Cheontaejong. Später schlossen sich alle Schulen zusammen und erkannten Jogyejong (Jogye-Lehre) als maßgeblich an. Während der Militärherrschaft gründete der Mönch Jinul die Jogye-Schule. Jinuls Lehre war der Versuch, die Seon- und die Gyo-Schule unter dem Vorzeichen des Seon-Buddhismus miteinander zu verschmelzen. Sie vertrat den Grundsatz, dass eine spontane Erleuchtung auch ohne das Studium von Texten möglich sei, dass aber selbst ach solcher Erleuchtung das fortwährende Studium der Texte erforderlich sei. Die Jogye-Lehre wurde zum Hauptstrom des heutigen koreanischen Buddhismus und ist bis heute die vorherrschende buddhistische Schule in Korea. In der Blütezeit des Buddhismus in Goryeo wurde eine umfangreiche Schriftsammlung über das damalige buddhistische Gedankengut (Daejanggyeong) gedruckt.  Diese Drucke wurden während der mongolischen Invasion verbrannt. Der Priester Uicheon gab dann eine weitere Schriftsammlung Sokjanggyeong heraus, die aber spurlos verschwand. Dagegen ist die in der Goryeo-Zeit auf der Insel Ganghwado fertig gestellte Palman Daejanggyeong (1243) mit über 80.000 Druckplatten aus Holz erhalten geblieben. Der Buddhismus in Goryeo leistete große Beiträge zur Entwicklung von Gesellschaft und Kultur. Eine Prüfung über die buddhistische Lehre wurde in das Staatsexamen für die Bekleidung von Regierungsposten integriert. Die Prüfung wurde in zwei Fächer, nämlich Gyojong und Seonjong, unterteilt. Bei bestandener Prüfung bekam man vom Staat buddhistische Titel verliehen. Außerdem bekam man Land geschenkt und war von der Zwangsarbeit befreit. Daher nahm die Zahl der Mönche zu. Aber mit der Ausbreitung des Buddhismus nahmen die Klosteranlagen immer größere landwirtschaftlich nutzbare Bodenflächen ein und hielten sich zahlreiche Leibeigene. Die Mönche verfielen einem dekadenten Lebensstil und wandten sich weltlichen Aktivitäten zu. Wegen dieser Erscheinungen sah sich der Buddhismus in der Spätzeit Goryeos wachsender Kritik durch das Volk ausgesetzt. So führte der immer stärker werdende Einfluss des Neokonfuzianismus zu einer Ablehnung des Buddhismus. Als erstens griffen die Neokonfuzianer die Missstände innerhalb der Klöster an. Viele Mönche waren korrupt, aßen Fleisch, gaben sich mit Frauen ab und heirateten sogar. In die rein buddhistische Lehre hatte sich Aberglaube eingeschlichen, die Klöster waren durch Profitgier reich geworden und die Mönche mischten sich immer mehr in die Politik ein. Zunächst wandten sich die neokonfuzianischen Gelehrten nur gegen diese Missstände. Bald aber griffen sie die Lehre des Buddhismus selbst an. Sie warfen den Buddhisten vor, den Wert des Familienlebens zu missachten, was ihrer Auffassung nach dem Staat großen Schaden zufügte. Bald kam es so weit, dass der Buddhismus verfolgt und Klöster geschlossen wurden. Der Buddhismus verlor an Bedeutung und lebte danach nur kurzfristig wieder auf, als er zu Beginn des Joseon-Reiches vom Könighaus besonders unterstützt wurde.

 

6.11.     Die Kultur Goryeos (3): Kunst und Wissenschaft

Die buddhistische Kunst erlebte auch in Goryeo einen großen Aufschwung. Steinpagoden, Malereien, Buddha-Statuen und andere buddhistische Kunstwerke entstanden. Unter den Steinpagoden sind die siebenstöckige Pagode des Klosters Hyeonhwasa in Gaepung, die neunstöckige, achteckige Pagode im Kloster Weoljeongsa und die fünf-stöckige Wanggungri-Pagode in Iksan am bekanntesten. Die Steinpagode des Klosters Gyeongcheonsa gilt außerdem als die vorbildlichste Pagode aus Goryeo. Die sitzende Buddha-Statue „Amita-Buddha“ im Kloster Buseoksa zählt zu einen der ersten Meisterwerke der buddhistischen Darstellungen und Skulpturen in Goryeo. Die bis heute gepflegte koreanische Holzarchitektur hat ihren Ursprung in der Spätzeit Goryeos. Die Halle Geuknakjeon im Kloster Bonjeongsa in Andong oder die Halle Muryangsujeon des Klosters Buseoksa in Yeongju sind anerkannte architektonische Leistungen aus dieser Zeit. Des Weiteren beispielhaft für die hervorragende Kunst in Goryeo ist die Seladonkeramik. Das Goryeo-Seladon (Goryeo Cheonja, „grünes Porzellan aus Goryeo“) mit der unnachahmlichen grünblauen Glasur wurde ursprünglich aus Sung-China importiert und danach in Goryeo weiterentwickelt. In Goryeo wurden auch die Techniken für den Druck mit Holzblöcken weiterentwickelt. Im 13. Jahrhundert wurden dann Drucklettern aus Metall erfunden und benutzt, um zahlreiche Bücher zu drucken. Am Ende der Goryeo-Zeit wurde der Anbau von Baumwolle für die Kleidung eingeführt. Die ersten Feuerwaffen mit Schießpulver wurden auch etwa in dieser Zeit hergestellt.

In Goryeo wurden viele Bücher geschrieben und gedruckt. Das wohl bekannteste Werk ist Samguk Sagi (Chronik der Drei Königreiche), das von Kim Busik und zehn weiteren Historikern im Auftrag König Injongs (r. 1122-1146) 1145 konzipiert wurde. Das Werk ist das älteste existierende Buch über die Geschichte der Drei Königreiche aus konfuzianischer Sicht. Ebenfalls berühmt wurde Samguk Yusa (Überlieferungen der Drei Königreiche) 1281 unter der Herrschaft König Chungnyeols (r. 1274-1308) von Ilyeon, einem buddhistischen Mönch, verfasst. Es enthält die Sammlung erläuternder Kommentare und Texte mit wichtigen Daten über die Geschichte und die Kultur der Drei Königreiche aus buddhistischer Perspektive. Außerdem blieb die Jewang Ungi (Geschichte Koreas und Chinas) von Yi Seunghyu erhalten. In Goryeo war daneben aufgrund ihrer lyrischen Texte auch die chinesische Literatur beliebt. Die Entwicklung der Literatur und damit auch der Erzählkunst blühte auf. Im Zuge der Entwicklung von Konfuzianismus und chinesischer Literatur gab es auch berühmte Kalligrafen. In der Spätzeit Goryeos verbreitete sich der aus Yüan übernommene Schriftstil Songseolche. Zur Musik Goryeos gehörten die traditionellen Hyangak und Dangak, die als feierliche Hofmusik weiter gepflegt wurden. Aus Sung wurde die klassische Musik Chinas (Aak) als zeremonielle Hofmusik eingeführt.

 

6.12.     Der Untergang Goryeos und die Gründung des Joseon-Reiches

Der Fall des Goryeo-Reiches und die Gründung des Joseon-Reiches waren eng verbunden mit der wachsenden Macht des Generals Yi Seonggye. Seine militärischen Erfolge gegen starke Gruppen japanischer Piraten, die seit 1350 immer wieder versuchten in Korea einzudringen, hatten ihm zu Ruhm verholfen. Japanische Piraten und chinesische Banden drangen häufig in Goryeo ein. Das Eindringen der chinesischen Räuber war kurzzeitig, doch die Piraten aus Japan versuchten über einen langen Zeitraum hinweg in Goryeo einzufallen. Besonders seit 1350 fügten sie der Bevölkerung schwere Verluste zu. Sie landeten an allen Küsten und griffen die Dörfer an, daher mussten die Dorfbewohner in das Landesinnere ziehen, wodurch das fruchtbare Land immer mehr verwüstet wurde. Darüber hinaus behinderten japanische Piraten die Schiffsverbindungen und machten den Transport der Steuern unmöglich. Dadurch geriet die Hauptstadt häufig in eine wirtschaftliche Krise. Um dies zu regeln, stellte der Staat mehrmals diplomatische Verbindungen zu Japan her; jedoch erfolglos, da die japanische Regierung selbst nicht in der Lage war, die Piraten zu kontrollieren. Schließlich konnte aber das Militär Goryeos mithilfe von Generälen wie Choe Yeong und Yi Seonggye die japanischen Pirate verdrängen. Ab Mitte des 14. Jahrhunderts wurden die Mongolen der Yüan-Dynastie von der aufstrebenden chinesischen Ming-Dynastie immer weiter nach Norden gedrängt. 1388 beanspruchte die Ming-Dynastie den früheren Außenposten von Yüan, der sich über das nördliche Gebiet Koreas erstreckte und den König Gongmin zurückbekam. Es kam am Goryeo-Hof zu einer Spaltung in zwei Gruppen, wobei die eine für Ming, die andre gegen Ming war. Die Anti-Ming-Gruppe unternahm mit Unterstützung von König U (r. 1374-1388), der Nachfolger von König Gongmin, einen Feldzug in Richtung Liaotung. General Yi war eindeutig für Ming und von Anfang an gegen diesen Feldzug. Er zog deshalb seine Armee von der Insel Wihwado an der Mündung des Flusses Apnokgang zurück und führte einen fast unblutigen Staatsstreich durch. Yi Seonggye riss die Macht an sich und traf mithilfe einer Gruppe von neokonfuzianischen Gelehrten Vorbereitungen für die Gründung einer neuen Dynastie. Um diese neue Dynastie auch wirtschaftlich abzusichern, führte er zuerst in der Regierungszeit des letzten Königs Gongyang (r. 1389-1392) eine Landreform durch. Mit dieser Reform nahm er den mächtigen, einflussreichen Familien ihren wirtschaftlichen Rückhalt, was das Ende von Goryeo bedeutete. General Yi zwang schließlich König Gongyang abzudanken und gründete ein neues Reich. Um auch äußerlich den Beginn einer neuen Dynastie kenntlich zu machen, verlegte er 1394 die Hauptstadt von Gaeseong nach Hanyang, dem heutigen Seoul, nachdem er geomantischen Rat eingeholt hatte.

 

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